Friedrich Dieckmann
Kulturnation und Nationalkultur – Von alten und neuen Herausforderungen

Kulturnation und Nationalkultur | Von alten und neuen Herausforderungen | Artikelnummer: 978-3-9814942-7-3

Printausgabe

ISBN 978-3-9814942-7-3
Edition Europolis

19,90 €

Kulturnation und Nationalkultur

In „Kulturnation und Nationalkultur“ begibt sich Friedrich Dieckmann auf die Suche nach dem identitären Zusammenhang von Nation und Kultur und setzt einen markanten Kontrapunkt zu jenen populistischen Äußerungen, die das Konzept der Nation im rechten politischen Spektrum verorten. Die bibliophile Schrift Dieckmanns erscheint neben der Fassung in Deutsch gleichzeitig auf Französisch und Polnisch, um so seinen Ideen europaweit Gehör zu verschaffen. Denn das Konzept der Nation ist untrennbar mit der europäischen Zivilisation verbunden.

Aus dem Vorwort

Wenige deutsche Schriftsteller haben den deutsch-deutschen Vereinigungsprozess so intensiv publizistisch begleitet wie Friedrich Dieckmann. Dieckmann (Jahrgang 1937, wohnhaft in Berlin-Treptow) widmete sich neben zahlreichen Büchern über Schiller, Goethe, Mozart, Schubert, Wagner und Brecht identitären Themen der deutschen Nation, ohne jemals den Verdacht aufkommen zu lassen, den Deutschnationalen zur Renaissance zu verhelfen. Werke wie „Was ist deutsch?. Eine Nationalerkundung“ (Frankfurt 2003), „Deutsche Daten oder der lange Weg zum Frieden“ (Göttingen 2009) und nunmehr sein großes Essay „Kulturnation oder Nationalkultur“ legen Zeugnis ab von seinen Bemühungen, das Nationale in der Kultur zu verorten. Es ist nicht überraschend, wenn Dieckmann, dessen großes Schillerbuch noch nachhallt („Freiheit ist nur in dem Reich der Träume“: Schillers Jahrhundertwende, Frankfurt 2009), das Schiller’sche Programm der Kulturnation zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen macht, um zugleich zu fragen, was Nationalkultur ausmacht. Das Ergebnis lässt sich – um beim Text zu bleiben – zusammenfassen: „Das Bestehen auf dem Eigenen und das Offensein gegenüber Andersartigen waren zwei Seiten einer Medaille; die Vorstellung, dass die Hochschätzung des national Eigentümlichen im Gegensatz zu dem Interesse, der Aufmerksamkeit, der Anverwandlung fremder Kulturleistungen stehe, gehört zu den unsinnigsten Vorurteilen, die sich in das vereinte Deutschland hinübergeschleppt haben.“ Um dieser Gefahr zu entgehen, nimmt Dieckmann Kurs auf den Selbstfindungspfad in Richtung Kulturnation und stellt desillusioniert und dennoch optimistisch fest, dass Kulturnation und Nationalkultur in ihrer Bedingtheit nur dann in der Zukunft eine Chance haben, wenn sich die Schule der Spracherziehung wieder mit gebührender Anstrengung widmet. Sogleich denkt man an Willy Brandts berühmtes Diktum in seiner Regierungserklärung 1969: „Die Schule der Nation ist die Schule“.Die Überraschung, die man empfindet, wenn man Nolte liest, hängt damit zusammen, dass sich Nolte in der Landschaft der deutschen Geschichtswissenschaft deutlich abhebt. Denn er kommt von der Philosophie zur Geschichte. Kurzum, Nolte hat sein Leben den tragischen Geschehnissen der europäischen Geschichte gewidmet, deren düstere und „inhumane“ Seiten er in den beiden Totalitarismen, die den Planeten verwüstet haben, nachging. Wie es Francois Furet sehr gut ausdrückte, behandelte Nolte als einer der Ersten nahezu gleichzeitig mit Hannah Arendt die zwei zeitgeschichtlichen Dramen der Welt, die viele Ideologen zu trennen versuchten. Über den Zenit seines eigenen weltbekannten Werkes hinaus zögert er nicht, in unserem Text, ein neues Phänomen des Totalitarismus, welches die muslimische Welt betrifft, zu behandeln. Jedenfalls stellt es Fragen über die Validität unseres westlichen Zivilisationsmodells, die Universalität des Universellen und die Reformierbarkeit des Islam und schließlich besonders die Frage nach der Integration einer muslimischen Bevölkerung und ihrer Kultur in einem völlig heterogenen Milieu, wie es Europa, Deutschland und Frankreich, die ihrerseits keine Antwort auf die laufenden Aggressionen wissen, darstellen.

Der Autor Friedrich Dieckmann

Friedrich Dieckmann (geb. 1937) lebt in Berlin-Treptow, Kindheit in Dresden, Studienjahre in Leipzig, u. a. bei Ernst Bloch. Seinem Buch über Karl von Appen, Bertolt Brecht und das Berliner Ensemble (1971) folgte eine vierjährige Dramaturgentätigkeit an dieser Bühne; seit 1976 wieder als Kritiker, Essayist und Buchautor tätig. 2001 erhielt er den Johann-Hinrich-Meck-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, der er seit 1995 als Mitglied angehört, wie seit 1997 auch der Akademie der Künste Berlin; seit 1996 ist er Vizepräsident der Sächsischen Akademie der Künste Dresden.

Leseprobe

Kulturnation – der Theologe Otto Zöckler hat das Wort in die deutsche Sprache eingeführt, in einem Buch, das 1879 in Gütersloh herauskam und „Die Lehre vom Urstand des Menschen“ hieß. Das Wort erschien im Plural, wie auch in den folgenden Jahrzehnten immer wieder und bezog sich auf die völkerverbindende Gemeinsamkeit einer in die Vergangenheit projizierten Utopie: „Das von uns Zusammengestellte reicht dazu hin, die Erinnerung an eine ursprüngliche Zeit gewaltigerer Urkraft, reinerer Unschuld, größerer Langlebigkeit und ungestörterer Glückseligkeit der Menschen als ein Gemeingut sämtlicher älterer Culturnationen darzutun.“ Das neue Wort tritt mit der Selbstverständlichkeit eines althergebrachten auf den Plan, auch ein anderer Satz Zöcklers benutzt es, um kulturelle Gemeinsamkeit zu bezeichnen: „Es sind ganze Sagen-Complexe, deren Wiederkehr unter den verschiedensten Umständen und bei Culturnationen fast aller Himmelsstriche wir zu beobachten hatten.“ Ein anderer Autor, der Astronom Heinrich Samter, greift das neue Wort einige Jahre später in ähnlichen Zusammenhängen auf und findet geradezu ein Kriterium: „Schon frühzeitig entwickelte sich bei den verschiedenen Kulturnationen des Menschengeschlechts der Trieb zu einer der Vervielfältigung fähigen Darstellung von Ereignissen, Gefühlen und Gedanken.“

Kurzübersicht

  • ISBN: 978-3-9814942-7-3
  • Sachbuch
  • deutsche Ausgabe
  • Printausgabe Softcover
  • Erscheinungsdatum: 1. Aufl. / 2016
  • 88 Seiten
  • Format: 11,5 x 19 cm

Printausgabe

ISBN 978-3-9814942-7-3
Edition Europolis

19,90 €