Georg Etscheit

Georg Etscheit
Kochen für Unbeugsame – Genuss ohne Zeigefinger

Kochen für Unbeugsame | Genuss ohne Zeigefinger | Artikelnummer: 978-3-911941-03-7

E-Book-Ausgabe

ISBN 978-3-911941-03-7
Achgut Edition

20,00 €

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Genuss ohne Zeigefinger

Aus dem Buch: Ungesund, ungesunder: Obwaldner Käsekuchen

Vor ein paar Jahren dachte ich noch an einen Scherz, als es hieß, dass die Flatulenz von Kühen mitverantwortlich sei für die „Klima­krise“. Heute sind pupsende und rülpsende Rinder als ultimative „Klimaschädlinge“ längst Allgemeingut der Klimakirche, in der man ganz seriös darüber diskutiert, wie sich der Methanausstoß grasender Rind­viecher reduzieren lasse. Am besten natürlich, indem man die Haltung von Nutztieren ganz aufgäbe, wie radikale Veganer fordern, wahrscheinlich ohne zu ahnen, was es bedeuten würde, auf die Verwertung einer so bedeutenden Futtergrundlage wie frischem Gras und Heu zu verzichten, das nur in den Mägen von Wiederkäuern zu wertvoller Milch verarbeitet werden kann.

Unterdessen kursieren neue Angstmeldungen, wonach der Klimawandel wiederum die Käsehersteller in die Bredouille bringe. In den französischen Mittelgebirgen etwa, wo viele traditionelle Käsearten hergestellt werden, wachse das Gras für Milchkühe wegen zunehmender Dürre und Hitze nicht mehr so üppig wie früher. Der „Futtermix“ der Kühe, die die Milch für den Käse liefern, könne jedoch nicht so einfach verändert werden. Mit der Klima- drohe die Käsekrise.

Ich versuche solche Meldungen, die augenscheinlich das Klimakrisen-­Narrativ stützen sollen, systematisch zu hinterfragen. Angst erregt Auf­merk­samkeit, bringt Klicks für die großen Webportale. Das ist eine Sache, eine andere ist, dass Bauern und ihre Verbände unablässig das Klagelied singen, nicht zuletzt, um den Staat dazu zu bewegen, immer neue Subsidien herauszurücken. Klima ist in allem drin, Klima zieht immer! Ein nie versiegendes Füllhorn staatlicher Wohltaten.

Womöglich gibt es ja eine andere, viel näherliegende Erklärung für mögliche regionale Futtermittelknappheiten: Französischer Käse ist beliebt, auch im Ausland; jährlich werden knapp 250 000 Tonnen herkunfts­geschützter Käse mit einem Jahresumsatz von 2,4 Milliarden Euro erzeugt. In den vergangenen Jahren ist die Produktion vielerorts ausgeweitet worden. Der Comté beispielsweise, ein Hartkäse aus dem französischen Jura an der Grenze zur Schweiz, war vor gar nicht so langer Zeit hierzulande noch kaum bekannt. Heute zählt er mit seinem nussigen, leicht süßen Aroma nicht nur in Frankreich selbst, sondern auch in Deutschland zu den beliebtesten Käsespezialitäten.

Sicher, die Bergwiesen des Jura sind groß, aber nicht unerschöpflich und irgendwann stößt die Heuproduktion an ihre Grenzen. Wenn dann in manchen Jahren, vielleicht auch einmal gehäuft, wegen Hitze und Trockenheit das Gras weniger üppig wächst, kann es Probleme geben. Preisfrage: Ist daran der „Klimawandel“ schuld oder der nimmersatte „Homo oeconomicus“?

Milch ist eine unverzichtbare Grundlage der europäischen Käsekultur, mit dem „Käseland“ Frankreich und seinen geschätzt mehr als 300 Käse­sorten von Comté über Camembert bis Roquefort und einer Vielzahl köstlicher Ziegenkäse uneinholbar an der Spitze. Danach kommt Italien mit Parmesankäse, Pecorino und Mozzarella, letzterer eine der populärsten Käsesorten weltweit. Nicht zu vergessen die Schweiz mit Appenzeller, Emmentaler, Greyerzer und Raclette sowie die Niederlande mit Tilsiter und Gouda, der durchaus Klasse entwickeln kann, wenn er handwerklich hergestellt wird und reifen konnte.

In Österreich gibt es einige schöne Bergkäse, in Deutschland neben Allgäuer Bergkäse beliebte Stinker wie hessischen Handkäs und Harzer Käse, während die wenig imposante Esskultur der Briten immerhin Stilton und Cheddar hervorgebracht hat. Letzterer landet bei uns meist in Form billiger Scheibletten auf dem Cheeseburger, kann aber, wenn er aus kleinen Manufakturen kommt, ausgezeichnet sein.

Die meisten Franzosen würden so ein Kunstprodukt nicht anrühren. Sie essen Käse auch nicht zum Frühstück wie die Deutschen, sondern mittags oder abends als eigenständigen Gang eines Menüs – meist nach dem Hauptgang und vor dem Dessert. Franzosen kaufen Käse am Stück und schneiden davon mit einem Messer Brocken ab, um sie oft mit demselben Messer zum Mund zu führen. Dazu gibt es Stangenbrot. Italiener genießen Käse ebenfalls als Teil eines Menüs oder streuen ihn, meist in Form geriebenen Parmesankäses, über ihre Pasta. Die Schweizer lieben es, Käse zu schmelzen, ob als Fondue oder Raclette, eine unwiderstehliche Art, Käse zuzubereiten.

Damit sind wir bei einer der leckersten Käsedröhnungen überhaupt angelangt, dem Obwaldner Käsekuchen. Mit einem süßen Käsekuchen hat dieses Gebäck nichts zu tun, es handelt sich um eine pikante Speise, die vor allem aus Sbrinz, einem Innerschweizer Hartkäse, und Emmentaler besteht, in geriebener Form versteht sich. Weil dieser lauwarm zu genießende Kuchen überaus gehaltvoll ist, sollte man zwecks besserer Bekömmlichkeit einen frischen Salat dazu reichen und hernach einen Obstler. Dazu natürlich Weißwein, am besten einen nicht zu säurebetonten Schweizer Chasselas, auch Fendant genannt.

Aus dem Vorwort

Das mediale Dröhnen um Köche, Küche und Kulinarik, die Allge­genwart der Kochshows im deutschen Fernsehen, mehr als 2.000 Kochbücher, die jedes Jahr auf den Markt kommen, nicht zu vergessen die unter PR-Getöse publizierten Rankings maßgeblicher Gastroführer wie dem „Guide Michelin“ – all dies kann nicht darüber hinwegtäu­schen, dass guter Geschmack und die Fähigkeit zum Genuss nicht selbstverständlich sind, und es um die deutsche Esskultur ein halbes Jahrhundert nach Ausrufung des „deutschen Küchenwunders“ nicht zum Besten steht.

In den Siebzigerjahren, als der größte Hunger der Nachkriegszeit gestillt war, versuchten Kochkünstler wie Eckard Witzigmann, Alfons Schubeck, Franz Keller und Vincent Klink sowie Gastronomiekritiker wie Wolfram Siebeck oder Gert von Paczensky den Deutschen lustvolles Essen und Genießen auf Grundlage qualitätsvoller und frischer Produkte nach französischem und italienischem Vorbild nahezubringen.

Was sie mühevoll anstießen, droht nun einer regelungswütigen Politik und dem woken Zeitgeist zum Opfer zu fallen: der Globalisierung mit Geringschätzung des Eigenen bei kritikloser Anbetung alles Fremden, dem Individualismus, der Effekthascherei, dem Ökologismus, einer moral­getränkten Cancel Culture, dem Bequemlichkeits- und Schlankheitswahn, dem Gesundheitsimperativ.

Das Glück beginnt für den griechischen Philosophen Epikur auf dem Teller, aber es endet nicht dort. In diesem Sinne richtet sich dieses Buch weniger an ausgewiesene Feinschmecker als an all jene, die gut und „normal“ essen wollen – auf Grundlage deutscher Küchentradition, die immer
auch von anderen Esskulturen bereichert wurde. Ohne Verbote und Gebote entlang der Richtschnur: Erlaubt ist, was schmeckt. Und das Gebot der Mäßigung, wie von Epikur gefordert, schließt nicht aus, auch mal über die Stränge zu schlagen.

Aus dem Schluss

Das mediale Dröhnen um Köche, Küche und Kulinarik, die Allge­genwart der Kochshows im deutschen Fernsehen, mehr als 2.000 Kochbücher, die jedes Jahr auf den Markt kommen, nicht zu vergessen die unter PR-Getöse publizierten Rankings maßgeblicher Gastroführer wie dem „Guide Michelin“ – all dies kann nicht darüber hinwegtäu­schen, dass guter Geschmack und die Fähigkeit zum Genuss nicht selbstverständlich sind, und es um die deutsche Esskultur ein halbes Jahrhundert nach Ausrufung des „deutschen Küchenwunders“ nicht zum Besten steht.

In den Siebzigerjahren, als der größte Hunger der Nachkriegszeit gestillt war, versuchten Kochkünstler wie Eckard Witzigmann, Alfons Schubeck, Franz Keller und Vincent Klink sowie Gastronomiekritiker wie Wolfram Siebeck oder Gert von Paczensky den Deutschen lustvolles Essen und Genießen auf Grundlage qualitätsvoller und frischer Produkte nach französischem und italienischem Vorbild nahezubringen.

Was sie mühevoll anstießen, droht nun einer regelungswütigen Politik und dem woken Zeitgeist zum Opfer zu fallen: der Globalisierung mit Geringschätzung des Eigenen bei kritikloser Anbetung alles Fremden, dem Individualismus, der Effekthascherei, dem Ökologismus, einer moral­getränkten Cancel Culture, dem Bequemlichkeits- und Schlankheitswahn, dem Gesundheitsimperativ.

Das Glück beginnt für den griechischen Philosophen Epikur auf dem Teller, aber es endet nicht dort. In diesem Sinne richtet sich dieses Buch weniger an ausgewiesene Feinschmecker als an all jene, die gut und „normal“ essen wollen – auf Grundlage deutscher Küchentradition, die immer
auch von anderen Esskulturen bereichert wurde. Ohne Verbote und Gebote entlang der Richtschnur: Erlaubt ist, was schmeckt. Und das Gebot der Mäßigung, wie von Epikur gefordert, schließt nicht aus, auch mal über die Stränge zu schlagen.

Autor

Georg Etscheit, geb. 1962, ist Autor und Journalist in München. Fast zehn Jahre arbeitete er für die Nachrichtenagentur dpa, schreibt seit dem Jahr 2000 aber lieber „frei“ über dies und das, darunter Feinschmeckerei und (klassische) Musik. 1980 hatte er eine Partei mit dem Namen „Die Grünen“ mit aus der Taufe gehoben, die er dann aus Gründen journalistischer Unabhängigkeit wieder verließ. Als Basta-Kanzler Schröder die rot-grüne Koalition beendete, trat er wieder ein und leitete einige Jahre als Ko-Sprecher die grüne Fraktion im Bezirksausschuss Maxvorstadt, einem Münchner Stadtteilparlament – bis er aus Ärger über die Klimahysterie und die Verschandelung ­deutscher Landschaften mit Windkraftwerken abermals austrat, diesmal endgültig. Sein Buch „Geopferte Landschaften“ über die Schatte­n­seiten „grüner“ Energien wurde ein Bestseller. Er brachte die Bio­grafie des Dirigenten und Umweltschützers Enoch zu Guttenberg heraus und schreibt für aufgegessen.info, den von ihm mitgegründeten „gastrosophischen Blog für freien Genuss“, der auch einen vielgese­henen Instagram-Kanal unterhält. Für die Achse des Guten bringt er wöchentlich die Kolumne „Cancel Cuisine“ heraus.

Kurzübersicht

  • ISBN: 978-3-911941-03-7
  • Kochbuch mit 40 Rezepten
  • und 42 farbigen Illustrationen
  • E-Book (epub)
  • Auch als Printausgabe erhältlich
  • Erscheinungsdatum: 1. Aufl. / 21.11.2025
  • 160 Seiten

E-Book-Ausgabe

ISBN 978-3-911941-03-7
Achgut Edition

20,00 €

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